Die Lage in Lybien nimmt erschreckende Ausmasse an!
Mittwoch, 23.02.2011
14:45
Wie Spiegel.de meldet, machen in der Grenzstadt Ben Guerdane schreckliche Geschichten die Runde. Die Rede ist von entfesselten Horden und afrikanischen Söldnern, die Gastarbeiter durch Tripolis jagen, internieren und Frauen vergewaltigen. Einer behauptet, er habe in Tripolis gesehen, wie ein Tunesier geköpft wurde. Ein anderer will von Verwandten erfahren haben, dass Gaddafi-Anhänger die Wohnungen von Ausländern demolieren. Andere erzählen, dass sie von Taxifahrern ausgeraubt wurden, die sie zur Grenze bringen sollten.
Die Augenzeugenberichte sind allerdings mit Vorsicht zu geniessen und können von unabhängiger Seite nicht überprüft werden.
14:28
Der libysche Staatschef Muammar al-Gaddafi soll sich mit vier Brigaden der Sicherheitskräfte auf dem Stützpunkt Bab al-Asisija in Tripolis verschanzt haben. Das meldet die SDA und beruft sich auf «gut unterrichtete Kreise in Tripolis».
Unterdessen stoppten die 27 EU-Staaten den Export von Waffen nach Libyen. «Wir haben erfahren, dass jeglicher Waffenhandel ausgesetzt ist», sagte die Sprecherin der EU-Aussenbeauftragten Catherine Ashton am Mittwoch in Brüssel.
Nach jüngsten Zahlen hatte Gaddafi zuletzt von der EU jedes Jahr Waffen im Wert von mehreren hundert Millionen Euro geliefert bekommen. Laut Jahresbericht über die Ausfuhr von Militärgütern erlaubten EU-Regierungen allein 2009 den Export von Waffen im Wert von 344 Millionen Euro.
14:27
Der grösste deutsche Erdölproduzent, Wintershall, hat gemäss AFP die Förderung von Öl in Libyen eingestellt.
14:20
Anhänger und Gegner des libyschen Staatschefs Muammar al Gaddafi kämpfen laut der Nachrichtenagentur AP um die Kontrolle der Hauptstadt Tripolis. Bewohner von Tripolis hätten Angst, ihre Häuser zu verlassen. Sie sagten, Milizen Gaddafis feuerten willkürlich in den Strassen. Eine Augenzeugin sagte, die Strassen seien menschenleer. Sogar die Verletzten könnten die Krankenhäuser nicht aufsuchen aus Angst, erschossen zu werden.
14:17
Auch der Schweizer Bundesrat verurteilt die «brutale und gezielte Gewalt aufs Schärfste» und ruft die libyschen Behörden auf, keine Gewalt gegen ihre Bürger anzuwenden. Dies sagte Bundesratssprecher André Simonazzi in Bern.
14:05
Die Situation am Flughafen von Tripolis ist «chaotisch»: Dies sagte Philip Apap Bologna, ein Pilot einer maltesischen Fluggesellschaft, gegenüber der französischen Presseagentur AFP. «Die Passagiere kämpfen um die Plätze in den Flugzeugen - ein Ausdruck davon, wie verzweifelt die Leute das Land verlassen wollen», so der Pilot.
Ihm sei es eigentlich untersagt gewesen, sein Flugzeug zu verlassen. Er habe es dann aber doch getan, um im Terminal nach Landsleuten zu suchen. «Als wir schon auf dem Weg zum Rollfeld waren, mussten wir dann sogar nochmals umdrehen, um drei weitere Passagiere aufzunehmen», so Philip Apap Bologna.
13:37
Der Nachrichtenagentur AP liegt ein Resolutionsentwurf der EU-Kommission vor: Angesichts des blutigen Vorgehens gegen Demonstranten in Libyen fordern die Mitglieder darin eine unabhängige Ermittlung unter Leitung der Vereinten Nationen. Untersucht werden sollten die Tötung von Demonstranten und weitere Menschenrechtsverstösse, für die libysche Sicherheitskräfte verantwortlich gemacht werden.
Im Entwurf werden «extrem schwerwiegende Verletzungen von Menschenrechten» verurteilt, die «auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen könnten». Libyen wird zur Zusammenarbeit mit UN-Ermittlern aufgefordert. Den entsprechenden Resolutionsentwurf legten EU-Mitglieder vor einem Dringlichkeitstreffen des UN-Menschenrechtsrats in Genf am Freitag vor.
13:25
Der italienische Aussenminister Franco Frattini zeichnet bezüglich der Opferzahlen des libyschen Volksaufstands ein düsteres, aber wohl realistisches Bild: Er sagte, dass bisher 1000 Tote «durchaus denkbar» seien. Offizielle Stellen in Libyen gehen nur von rund 300 Todesopfern aus.
Laut Frattini soll sich mittlerweile die ganze Region Kyrenaika im Osten Libyens unter Kontrolle der Aufständischen befinden. Dies berichtet die BBC in seiner Onlineausgabe.
13:17
Auch die libysche Botschaft in Wien hat sich von dem Regime in Tripolis distanziert. «Die Botschaft verurteilt die exzessive Gewalt gegen friedliche Demonstranten», heisst es in einer Mitteilung an die Medien vom Mittwoch.
Die Botschaft unter Leitung von Ahmed Menesi hält in dem Text fest, «dass sie das libysche Volk vertritt und ihre tiefste Anteilnahme den Familien der Opfer ausdrücken will.»
12:59
Die Europäische Union will rund 10'000 EU-Bürger aus Libyen evakuieren. Dies berichtet die französische Nachrichtenagentur AFP. Die Ausreise soll hauptsächlich über den Seeweg erfolgen.
Die EU-Kommission will sich überdies im Verlauf des Tages zu allfälligen Sanktionen gegen Libyen äussern.
12:35
Wie Spiegel.de meldet, durfte ein Privatjet mit Aline Skaf an Bord - der libanesischen Ehefrau von Gaddafi-Sohn Hannibal - nicht auf dem Flughafen Beirut landen. Dies habe ein libanesischer Radiosender berichtet. Im Flugzeug der Frau von Hannibal Gaddafi seien auch andere Familienmitglieder gewesen.
Dies soll nicht der erste Zwischenfall mit Hannibals Familie am selben Flughafen gewesen sein: Laut dem Spiegel haben sich die libanesischen Flugbehörden bereits gestern Dienstag geweigert, der Familie eine Landegenehmigung für den internationalen Flughafen in Beirut zu erteilen. Dies, weil Libyen die Identität der Insassen nicht preisgeben wollte. Die Behörden in Beirut sollen daraufhin den Piloten aufgefordert haben, seine Maschine in ein angrenzendes Land zu fliegen.
Hannibal Gaddafi und seine Frau sind in der Schweiz keine Unbekannte: Sie wurden im Juli 2008 in einem Genfer Luxushotel verhaftet - der Anfang der sogenannten Libyen-Krise, welche die offizielle Schweiz noch bis heute beschäftigt.
12:09
Sarkozy fordert EU-Sanktionen gegen Libyen
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat Sanktionen der EU gegen Libyen gefordert. Dies könnten etwa Gerichtsverfahren, Einreiseverbote und das Einfrieren von Vermögen sein, heisst es in einer am Mittwoch in Paris verbreiteten Mitteilung des Elysées.
12:02
Kampf um Gaddafis Milliarden hat begonnen
Die Jagd auf die Milliarden von Gaddafi soll offenbar schon begonnen haben. Wie Spiegel online berichtet, hat der Anwalt Ridha Ajmi den Bundesrat aufgefordert, alle Vermögenswerte des Machthabers und seiner Familie einzufrieren. Es gelte, den Verlust von Anlagen in der Schweiz zu verhindern.
11:46
Hafenstadt Tobruk feiert Befreiung
In Tobruk feiern Regierungsgegner bereits die Befreiung von Machthaber Muammar Gaddafi. Soldaten geben aus Freude Salven aus Maschinengewehren ab. Das Militär hat sich in der im Osten des Landes liegenden Mittelmeerstadt von Gaddafi losgesagt.
Mit Demonstranten voll besetzte Wagen rollen durch die Strassen der strategisch wichtigen Stadt, in der gut 100'000 Menschen leben. In ihrer Jubelstimmung zerstören die Demonstranten ein Beton- Monument für Gaddafis Grünes Buch, in dem dieser die Grundzüge seiner Herrschaft beschrieben hat.
Gaddafi habe die Kontrolle über den gesamten Osten verloren, sagt der einstige Major Hani Saad Mariaa, der zu einer Gruppe von Soldaten gehört, die sich von dem Staatschef abgewandt haben. Das Volk und die Armee arbeiteten in dem Gebiet «Hand in Hand».
Bewohner Tobruks erzählen, die Stadt am Mittelmeer sei seit drei Tagen in der Hand der Bevölkerung. Die Rebellen kontrollieren die libysche Seite der Grenze zu Ägypten. Auch Benghasi, wo der Aufstand vor gut einer Woche begann, ist Einwohnern zufolge in der Hand der Demonstranten.
11:19
Gewalt und Horrorszenen auf den Strassen von Tripolis
Erste in ihre Heimat zurückgeflogene Italiener berichten von Tagen des Schreckens, die sie in der libyschen Hauptstadt Tripolis erlebten. Die Situation auf den Strassen sei furchtbar, das Chaos am Flughafen extrem.
«Auf der Fahrt von Sabratha nach Tripolis haben sie versucht, uns zu lynchen, es war entsetzlich», sagte ein Passagier noch mit Angst in den Augen, wie die Zeitung «La Repubblica» am Mittwoch berichtete. Er war unter den ersten 175 am Dienstag nach Rom ausgeflogenen Italienern.
«Im ganzen Land gibt es Kämpfe, überall wird geschossen», erklärt der Italiener Fabrizio Carelli bewegt. «Die Lage in Tripolis ist wahnsinnig, die Strassen sind leer, und die Privattruppen Gaddafis schiessen auf alles», fügt der dem Chaos entkommende Libyer Mohammed Sherif an.
11:08
Armee-Coup gegen Gaddafi?
Der Nachrichtendienst Stratfor meldet, dass eine Gruppe libyscher Offiziere den Sturz von Gaddafi plane. Es seien dies Offiziere rund um den General Mahdi Abdulhafiz. Offenbar warten sie aber noch die Unterstützung des UN-Sicherheitsrates ab. Erst dann wollen sie angreifen, meldet Stratfor.
Wie der Nachrichtendienst weiter schreibt, stehen die Offiziere im Kontakt mit den USA.
10:40
Wohin das libysche ÖL fliesst
Mehr als 85 Prozent der libyschen Ölexporte gehen nach Europa. Der Rest wird nach Asien, Australien und an die USA geliefert. Im folgenden eine Übersicht über die Ölmenge in Barrel, die von den jeweiligen Ländern pro Tag aus Libyen importiert wird.
-Italien: 376 000 Barrel (entspricht 22 Prozent der Gesamtimporte an Öl)
-Frankreich: 205 000 (16 Prozent)
-China: 150 000 (3 Prozent)
-Deutschland: 144 000 (8 Prozent)
-Vereinigtes Königreich: 95.000 (9 Prozent)
-Vereinigte Staaten: 51 000 (0,5 Prozent)
-Schweiz: 17 000 (19 Prozent)
10:12
UNO-Mandat für Libyen
Nach der Eskalation der Gewalt in Libyen hat Luxemburgs Aussenminister Jean Asselborn ein entschlossenes Eingreifen der internationalen Gemeinschaft gefordert. Man müsse sich um ein UNO-Mandat bemühen, sagte Asselborn am Mittwoch.
Dies sei notwendig, um die Massaker in Libyen zu unterbinden. «Was in Libyen geschieht, ist meines Erachtens Völkermord in höchster Potenz», sagte er. Mit einem Mandat der Vereinten Nationen (UNO) liessen sich unter anderem die Flüge nach Libyen kontrollieren, damit nicht noch mehr Söldner in das nordafrikanische Land gelangten.
Asselborn fügte hinzu, Staatschef Muammar al-Gaddafi sei ein verstörter, kranker und sehr gefährlicher Mann, der zum Bürgerkrieg in seinem Land aufgerufen habe. «Er hat die Libyer gegeneinander aufgehetzt, Gewalt anzuwenden», sagte Asselborn.
09:48
Türkei holt 3000 Bürger aus Libyen nach Hause
Mit zwei Schiffen holt die Türkei rund 3000 Staatsbürger aus Libyen nach Hause. Das türkische Außenministerium erklärte am Mittwoch, die beiden Schiffe würden am späten Mittwochabend im Hafen von Marmaris erwartet. Die Schiffe, die ihre Fahrt in der libyschen Hafenstadt Bengasi begannen, werden von einer türkischen Fregatte begleitet.
Viele Staaten versuchen derzeit, ihre Bürger aus Libyen herauszuholen. Tausende Menschen hoffen am Flughafen von Tripolis auf einen Platz in einer Maschine. Die USA wollten ebenfalls am Mittwoch mit den Evakuierungen beginnen und ihre Bürger mit Fähren auf die Mittelmeerinsel Malta bringen.
09:27
Arabische Liga schliesst Libyen aus
Die Arabische Liga hat das gewaltsames Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten in Libyen scharf verurteilt und Tripolis bis auf weiteres von Konferenzen der Organisation ausgeschlossen. Der Einsatz von Soldaten gegen Demonstranten sei «eine schwere Verletzung von Menschenrechten und internationalen Gesetzen», erklärte die Arabische Liga nach einem Treffen in Kairo.
Generalsekretär Amr Mussa erklärte, Libyen dürfe so lange nicht an Terminen der Arabischen Liga teilnehmen, bis die Regierung den Forderungen nach einem sofortigen Ende aller Gewalt nachkomme und einen Dialog beginne, um der Bevölkerung Sicherheit und Stabilität zu garantieren.
09:12
Wilde Gerüchte um Innenminister
Am Dienstag strahlte Al Jazeera ein Amateurvideo aus, in dem der libysche Innenminister Abdel Fattah Junes al-Abidi sich von Staatschef Muammar al-Gaddafi lossagt und sich hinter die «Revolution des 17. Februar» stellt. Zugleich forderte er die Armee auf, sich auf die Seite des Volkes zu stellen und auf dessen legitime Forderungen einzugehen. Später gab al-Abidi per Telefon dem TV-Sender Al Arabiya und begründete seinen Rücktritt weiter.
Nun berichten libysche Staatsmedien, al-Abidi sei in Benghazi von «Gangs» gekidnappt worden. Der Ausdruck «Gangs» wird vom Regime und den staatlichen Medien meist für die demonstrierende Opposition verwendet. Das Staatsfernsehen fügte an, man werde die Entführer in ihren Verstecken stellen. CNN hingegen zitiert Augenzeugen, die al-Abidi am Montag und am Dienstag gemeinsam mit Demonstranten gesehen haben wollen.
09:08
Unruhen in Libyen belasten Asien-Börsen
Die Unruhen im Ölexportland Libyen haben auch am Mittwoch die asiatischen Aktienmärkte belastet. Unter dem Druck steigender Ölpreise scheuten die Anleger das Risiko, so dass die Börsen in Fernost der New Yorker Wall Street ins Minus folgten.
Investoren sahen die Erholung der Weltkonjunktur in Gefahr, sollte der Ölpreis wegen der Proteste in Libyen weiter anziehen. Das nordafrikanische Land fördert fast zwei Prozent des weltweiten Rohölbedarfs. Neben Libyen verdarb auch der höhere Yen den Anlegern die Laune.